Vorstand ist für die Einrichtung eines funktionierenden Compliance-Systems verantwortlich
28 Mai
Bei Unterlassung droht Verpflichtung zum Schadensersatz aus Privatvermögen
Zur „Legalitätspflicht“ von AG-Vorständen und GmbH-Geschäftsführern gehört es nach Ansicht des Landgerichts München I unter anderem, ein dem Unternehmen angemessenes Compliance-Management-System zu installieren. Unterlässt der Vorstand bzw. der Geschäftsführer dies, so ist er dem Unternehmen aus seinem Privatvermögen zum Schadensersatz verpflichtet, sollte dem Unternehmen ein Schaden entstehen.
Compliance ist Grundpflicht von Vorstand und Geschäftsführern
Vorstände von Aktiengesellschaften und auch GmbH-Geschäftsführer haben „in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes/Geschäftsleiters anzuwenden“. So schreibt es das Gesetz in den §§ 93 Abs. 1 AktG und 43 Abs. 1 GmbHG vor. Zudem seien, so die entsprechenden Normen weiter, Vorstandsmitglieder und Geschäftsführer, die ihre Pflichten bzw. Obliegenheiten verletzen, dem Unternehmen gegenüber zum Schadensersatz verpflichtet, sobald aus der Pflichtverletzung ein konkreter Schaden entstehe.
Während der Gesetzgeber in den zitierten Normen offen lässt, was denn nun tatsächlich die „Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes/Geschäftsleiters“ ist, hat das Landgericht München I diese auslegungsbedürftige Klausel im Urteil um den Siemens-Schmiergeldskandal genauer umschrieben (Az: 5 HK O 1387/10). Im zur Entscheidung stehenden Fall sah sich ein Siemens-Finanzvorstandsmitglied mit Schadensersatzforderungen seines Unternehmens in Höhe von 15 Millionen Euro konfrontiert. Ihm wurde zur Last gelegt, dass er seine Aufsichtspflicht verletzt und Schmiergeld-Zahlungen nicht nachhaltig verhindert habe. Die Pflichtverletzung des Vorstandsmitgliedes lag vor allem in der Einrichtung eines nur mangelhaften Compliance-Systems und dessen lediglich unzureichender Überwachung, sodass die Schadensersatzforderungen nach Ansicht der Richter gerechtfertigt seien. Der Fall wird derzeit bekanntlich vor dem OLG München weiterverhandelt.
Compliance-Management betrifft nicht nur DAX-Konzerne!
Im Vorstandsdienstvertrag des geschilderten Falles war unter dem Punkt „Grundsätzliche Verhaltensanforderungen“ unter anderem das „gesetzestreue Verhalten“ geregelt. Diese Norm findet sich allerdings nicht nur in Dienstverträgen von DAX-Vorständen, sondern in der Regel auch in Anstellungsverträgen für GmbH-Geschäftsführer. Und auch, wenn dies nicht der Fall ist, so ist gesetzestreues Verhalten zumindest eine sich aus dem AG- bzw. GmbH-Recht ergebende Pflicht eines jeden Geschäftsleiters.
Dementsprechend kann die geschilderte Entscheidung auf jedes Unternehmen – nahezu unabhängig von seiner Größe – heruntergebrochen werden. Zwar werden in aller Regel die Anforderungen an das Compliance-Management niedriger und auch die Schadensersatzforderungen geringer, allerdings bleibt es dabei: Der Unternehmensverantwortliche ist in jedem Fall in der Pflicht, das ihm mögliche dazu beizutragen, damit von seinem Unternehmen aus keine Rechtsverstöße begangen werden. Dazu gehört die Einrichtung eines firmenadäquaten Compliance-Managementsystems und die entsprechende Überwachung desselben. Nur auf diese Weise können sich Unternehmensleiter vor entsprechenden Haftungsansprüchen wirksam schützen.
Tim Geißler
Rechtsanwalt,
Fachanwalt für Strafrecht
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